FAQ 22. Wie lange spielst du schon Gitarre? Wie gut spielst du?

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Antwort von der Gitarrenschule

Diese Frage nervt mich immer ein bisschen. Musst du sie unbedingt fragen? Na gut...

Vorweg möchte ich sagen: Mich nervt diese Frage so dermassen, weil ... Jemand ist ja nicht automatisch ein guter Lehrer, Trainer oder Coach, nur weil er oder sie schon sehr lange Gitarre spielt oder trainiert oder was auch immer. In manchen Branchen kann es sogar der Fall sein, dass der Trainer die Tätigkeit um die es geht unter Umständen überhaupt nicht selbst ausführen kann, gleichzeitig jedoch genau weiß was zu tun ist! Man denke zB. an den dicken Schwimmtrainer einer Olympia Schwimmmannschaft, mit Zigarre im Mund am Beckenrand stehend! Der kann selbst vielleicht gar nicht schwimmen, aber ohne ihn geht halt gar nix... Oder denke an den Leiter eines Orchesters, der im Orchester selbst oder vielleicht sogar überhaupt kein eigenes Instrument spielt, aber aus der Vogelperspektive heraus weiß was zu tun ist und genau weiß wie er die Gruppe dirigieren muss, während die Musiker in ihre Instrumente vertieft sind.

Nach dem Kriterium "wie lange spielt jemand" solltest du deinen zukünftigen Lehrer also definitiv nicht aussuchen! Die Frage ist sozusagen irrelevant. Achte viel eher auf die Persönlichkeit des Lehrers, auf seine Geduld und ob die Connection zueinander passt! Niemand kann und muss ein absoluter Profi sein. Kollegial gesehen können wir uns ja immer zusammensetzen und gemeinsam nachsehen, wenn wir beide etwas nicht können oder wissen. Ich weiß nur, wenn ich mal etwas nicht weiß, dann weiß ich es eben morgen oder übermorgen, oder nächstes Monat. Easy.

Jedenfalls, nun zu deiner Frage. Ich bin Baujahr 1978 und habe schon als Kind ab und an auf der Akustikgitarre herumgeklimpert. Danach mit cirka 11 oder 12 hatte ich meine erste E-Gitarre (mit dem guten alten grünen Ibanez Tube Screamer Pedal!!) und erste Banderfahrungen. Dann nach einer Pause, mit 18/19 wieder angefangen und mir autodidaktisch & selbständig Akkorde und Skalen wie zB. Pentatonik beigebracht, meist nach Gehör, und Internet gab es ja noch keines. Schliesslich wiederum nach einigen extrem langen Pausen habe ich dann cirka 2010 begonnen, so richtig E-Gitarre zu lernen und zu üben, also an die 4-5 Stunden pro Tag, und bin nur wenige Jahre danach Sessiongitarrist und Gitarrenlehrer geworden, was ich auch heute noch hauptberuflich bin.

Das soll jetzt absolut nicht überheblich klingen, aber mir ist es im Prinzip völlig egal wie viele Jahre ich schon spiele, daher ist die Frage wie gesagt irrelevant, denn ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, denn ich habe auf der Gitarre im Prinzip alle meine Ziele schon längst erreicht, bzw. habe diese sogar überschritten. Zwar gibt oder gäbe es noch unzählige Baustellen, und ich bin in vielen Spieltechniken überhaupt nicht versiert, aber da sie mich nicht so reizen und selten jemand nach soetwas fragt, komme ich nur selten dazu. Ein Beispiel wäre mitunter die fortgeschrittene Musiktheorie. Da ziehe ich an einem gewissen Punkt eine klare Grenze und sage, ich weiß es einfach nicht und habe auch nicht vor es zu studieren, sorry.

Als ein anderes Beispiel könnte ich vielleicht das Thema Improvisation auf der Gitarre nennen. Hierbei ist es so, dass mich das Thema sehr wohl interessiert, aber eben eher in Bezug auf die Ziele meiner Schüler, und dass meine eigenen Improvisationskünste manchmal sogar richtig naiv ausarten können, vorallem wenn ich es länger nicht probiert habe. Und, dass ich sicherlich noch mehrere hundert Stunden das Improvisieren ganz gezielt üben müsste, mit Hilfe von Backing Tracks oder einem Looper, und mit Hilfe des Transponierens in alle erdenklichen Grundtöne & Positionen usw. ... Blöd gesagt weiß ich genau wie man es angehen muss, wie man es jemandem beibringt, jedoch ohne es selbst perfekt zu beherrschen. Und da ich ganz einfach nicht improvisieren will und mich persönlich zB. das Thema Songwriting weitaus mehr interessiert, arbeite ich privat nur selten am Improvisieren.

Lol, das war jetzt ein bisschen lang, gell? Die Kurzantwort auf deine Frage lautet: Ich spiele seit cirka 40 Jahren Gitarre.

Ich hoffe ich habe in diesem Punkt nicht zu viel über mich geredet und konnte dir mit meiner kurzen Story einen Überblick darüber geben, wie vielseitig sich die Karrieren von Gitarristen entwickeln können. Gerne spreche ich auch mit dir darüber im Unterricht, in welche Richtungen du dich gezielt entwickeln könntest, und welche Themen du vielleicht lieber vorerst beiseite legen solltest und auf welche meist fremdbestimmten Irrwege man sich als Gitarrist/in sehr leicht begehen kann wenn man sich selbst zuviel Druck auferlegt, und in welche Rabbit Holes man manchmal hinabsteigt, nur um zu bemerken dass man von dort einfach schnell wieder hinaus will. Und, wie einfach & wie schnell alles plötzlich geht, und wieviel Selbstvertrauen dabei entsteht, wenn man haargenau weiß was man erreichen will & was nicht!

- sebastian

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